Epilepsie kann jeden treffen - in jedem Alter!
Informationsveranstaltung „Epilepsie – was nun?“ in Halle an der Saale am 22.08.2018
Halle an der Saale ist mit 239.173 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Sachsen-Anhalts und viertgrößte Stadt der neuen Bundesländer.
Die Stadt der Halloren, in der bis zur Wende 1989 die Industrie und Chemie im Mittelpunkt der Wirtschaft standen, ist heute Stadt der Kultur und Wissenschaft. Der Sitz der Kunsthochschule auf der Burg Giebichenstein, die Franckeschen Stiftungen und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bilden die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren.
In Halle wurde 1685 der Komponist Georg-Friedrich-Händel. Ihm zu Ehren werden jährlich Händel-Festspiele durchgeführt, unter anderem in der nach ihm benannten Festspielhalle.
Der Landesverband Epilepsie Sachsen-Anhalt e.V. hatte in diese ehrwürdige Georg-Friedrich-Händel-Halle zu einer Informationsveranstaltung unter dem Motto „Epilepsie – Was Nun?“ eingeladen. Am 22.08.2018 zog es über 70 Hallenser in dieses Haus zu den Vorträgen von PD Dr. med. FC Schmitt von der Uniklinik für Neurologie, Otto von Guericke Universität Magdeburg und MPH Dipl. Soz. N. van Kampen vom Epilepsiezentrum Berlin-Brandenburg. Die Themen: „Epileptische Anfälle? – Wer kann wie Anfallsfreiheit erreichen?“(Schmitt) und „Epileptische Anfälle! – Soziale Folgen und wie man am besten mit ihnen umgeht“(van Kampen) sorgten dafür, dass die Teilnehmer in eine angeregte Diskussion einstiegen.
Es war für viele Betroffene in Halle das erste Mal, dass offen in einer Runde über Epilepsie und miteinander gesprochen wurde. Die meisten Beteiligten waren bisher nur durch eigene Arztgespräche über ihre eigene Epilepsie informiert.
„Wer kann Anfallsfreiheit erreichen?“ Die Frage stand im Raum und hatte großes Interesse geweckt. Dr. Schmitt erklärte in seinem Vortrag an Hand der verschiedenen Arten der Epilepsien die unterschiedlichsten Therapiemöglichkeiten. Die meist angewendete Therapie ist die differenzierte medikamentöse Behandlung. Detailliert ging er auf die Notwendigkeit der genauen Diagnosestellung und den richtigen Therapieansatz ein und auf die verschiedenen Arten, da dies bei jedem Betroffenen die Art der Epilepsie und damit die Behandlung ganz verschieden sind.
Die Möglichkeit eines epilepsiechirurgischen Eingriffes bei einer fokalen Epilepsie zeigte er anhand eines Kurzvideos. Ein epilepsiechirurgischer Eingriff wird aber erst in Betracht gezogen, wenn ein Patient mit einer fokalen Epilepsie trotz einer komplexen medikamentösen Behandlung nicht anfallsfrei wird, also pharmakoresistent ist, betonte Dr.Schmitt.
Dr. Schmitt stellte eine vollkommen neue Verfahrensweise des operativen Eingriffes am Gehirn vor, welche ab 2019 an der Uni Magdeburg, erstmals in Deutschland überhaupt, durchgeführt werden soll. Hierbei handelt es sich um eine Lasertherapie. Diese Art der Therapie wird bereits in den USA erfolgreich seit längerer Zeit durchgeführt. Zahlreiche Fragen gab es besonders zu diesem Verfahren.
Die Krankheit selbst in den Griff zu bekommen ist nicht immer einfach.
70 % der Epilepsiekrankenten werden dank der zur Verfügung stehenden Medikamente und Therapiemöglichkeiten anfallsfrei. 30 % der Betroffenen leben mit regelmäßig wiederauftretenden Anfällen. Das Leben eines Menschen ändert sich schlagartig, wenn die Diagnose Epilepsie gestellt wird. Es ändert das tägliche Leben sowohl in der Familie, im Freundeskreis als auch auf Arbeit und in der Schule. Betroffene können oftmals nicht ihren bisherigen Beruf ausüben oder erreichen ihren Arbeitsplatz nicht, da es keine oder nur ungenügende öffentlichen Verkehrsmittel vom Wohn- zum Arbeitsort gibt. Das Autofahren ist erst einmal passee. Die Betroffenen stehen plötzlich vor schier endlosen, z.T. unlösbar erscheinenden Problemen. Hilfe finden sie in Halle nicht, in dem sie eine Epilepsieberatungsstelle aufsuchen könnten. Es gibt keine. Der mühsame Kampf zum Durchsetzen von Recht und Gesetz ist den Epilepsiekranken selbst überlassen. Häufig sind die Wege dafür nicht bekannt, nicht einmal die Rechte selbst.
Norbert van Kampen sprach in seinem Vortrag über die sozialen Folgen bei Epilepsie und deren Umgang. Hier bildeten solche Schwerpunkte den Mittelpunkt, wie Arbeitsmedizinsche Aspekte, Schwerbehinderung, Führerschein, Freizeit und Sport. Er verwies auf die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), welche die Schrift „Berufliche Eignung bei Epilepsie und nach erstem epileptischen Anfall (DGUV-I-250-001) herausgegeben hat, ebenso auf die Begutachtungsleitlinien
zur Kraftfahreignung – BAST Bericht M115 in der Fassung vom 24.
Mai 2018 .
„Bin ich schwerbehindert? Was ist Schwerbehinderung? Wann und wo kann ich einen Antrag auf Schwerbehindertenausweis stellen? Und was nützt er mir?“ Diese und weitere Fragen beantwortete van Kampen in eine offenen Diskussionsrunde.
Bis zum heutigen Datum ist es leider trotz zahlreicher Bemühungen u.a. des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nicht gelungen, eine Selbsthilfegruppe in Halle zu gründen, obwohl das Interesse dafür groß ist, was auch die große Anzahl der Gäste an diesen Vorträgen zeigte.
Interessierte, die gern eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Epilepsie und deren Angehörige in Halle gründen möchten oder einfach Mitglied werden wollen, können sich jederzeit bei dem
Paritätischen Wohlfahrtsverband Halle Sachsen-Anhalt melden.
Kontakt:
Selbsthilfekontaktstelle Halle-Saale, Merseburger Str. 246,
Tel.: 03455204110 Mail: kontaktstelle-shg@web.de
Di Deutsche Epilepsievereinigung unterstützt ebenso gern die Gründung einer SHG.
Kontakt:
Deutsche Epilepsievereinigung e.V.
Zillestr. 102
10585 Berlin
Tel.: 030 – 342 4414
Im Jahr 2019 hat der Epilepsie-Landesverband e.V. einen weiteren Vortrag in Halle geplant. Den Termin entnehmen Sie dann zu gegebener Zeit unserer Website www.lvsa.de .